Die Bilder sind dem Flyer der Interessengemeinschaft ehemaliger DDR-Flüchtlinge e.V. entnommen.
www.iedf.de und http://www.flucht-und-ausreise.info
VOS-Kamerad Heinz Streblow, Bernburg, während der Demonstration
mit Kundgebung am 13.09.2017.
Die Herren Kohl, Schäuble und andere wollten die Stasi-Akten vernichten lassen, Sozis und Grüne ohnehin. Herr Schäuble, hier haben Sie einmal Recht. Aber jede Partei hat ihr Gerechtigkeits-Aushängeschild.
Ottmar Schreiner, SPD, ist verstorben... Bei der Partei
"Die Linke" ist es pure Heuchelei. Die Knechte des SED- und Blockflöten-Systems sind gut versorgt. Kam überhaupt jemand vor Gericht, wurde nach "DDR"-Recht
entschieden. Bei den Gras-und Körneressern sowieso. Diese Damen und Herren sind geprägt durch die Frankfurter Schule und befolgten den Rat Willy Brandts vom Marsch durch die Institutionen. Man
sehe sich ihren heutigen Genderwahn an...
Fragen sind zu richten an das nebenstehende Forum sowie an: vorstand@iedf.de
Ein Kamerad befestigte sein Anti-Merkel-Transparent, das nach zwei Tagen von Linken oder der "Tante aus Köln" (Staatsschutz) gestohlen war.
Trauer um Dr. phil. Wolfgang Mayer, der weiter oben bei einer der Demos zu sehen ist (Artikel und Foto des "Berliner Kurier").
Hochinteressanter "Spiegel"-Artikel von 1991 mit Fallbeispielen betreffs unserer sog. "Haftentschädigung", nicht zu verwechseln mit dem
(Alters-)Renten-Betrug sowie der sog. "Opfer-Rente"!http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13487418.html
Diesen Skandal sollte sich jeder reinziehen, um mitreden zu können (Aus der "Freiheitsglocke" und aus dem Forum "Flucht und Ausreise".)
»Ein zweites Mal betrogen«, 02.06.1991 (aus: aus DER SPIEGEL 23/1991)
Unter den Opfern des SED-Regimes wächst Verbitterung: Während ehemalige Stützen des Systems, Stasi-Offiziere und Parteifunktionäre, Rente beziehen oder noch immer auf einflußreichen Posten sitzen, müssen die Verfolgten von damals um Rehabilitierung und kärgliche Entschädigung für erlittene Haft kämpfen.
Sorgfältig hatte sich Marga Langendorf, 69, auf ihre Rehabilitierungsverhandlung vor dem Landgericht Berlin vorbereitet. Aus den verstaubten Archiven»Ein zweites Mal betrogen«
Unter den Opfern des SED-Regimes wächst Verbitterung: Während ehemalige Stützen des Systems, Stasi-Offiziere und Parteifunktionäre, Rente beziehen oder noch immer auf einflußreichen Posten sitzen, müssen die Verfolgten von damals um Rehabilitierung und kärgliche Entschädigung für erlittene der Ost-Justiz hatte sie in mehrwöchiger Recherche alte Ermittlungsakten und Stasi-Dossiers zu Tage gefördert und auf 24 engzeilig beschriebenen Seiten ein Plädoyer zu ihrer Verteidigung verfaßt. Mit ihrem Schlußwort im Fall »1 Zst (1) 4/59« wollte Marga Langendorf »endlich für alle sichtbar« beweisen, »welches Unrecht man mir vor 30 Jahren angetan hat«.
Im Oktober 1959 war die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin vom Obersten Gericht der DDR wegen »schweren Staatsverrats« zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt worden.
Die damalige Mitarbeiterin des Instituts für Agrarökonomik in Ost-Berlin gehörte zu den Autoren eines liberalen Landwirtschaftsprogramms - zu liberal für das herrschende SED-Regime. Die Mühe, die sich die Wissenschaftlerin für ihren Wiedergutmachungsprozeß gemacht hatte, war umsonst. Im Briefkasten fand sie kürzlich ein Amtsschreiben des Landgerichts Berlin, abgefaßt in kühlem Juristendeutsch, ohne Anrede und Unterschrift. Darin teilte ihr die Behörde kurz mit, das Urteil von 1959 sei nunmehr aufgehoben, eine Entschädigung »für den erlittenen Freiheitsentzug« dürfe beansprucht werden. Den Brief des Gerichts empfand die Adressatin »wie einen Schlag mit einem nassen Handtuch«. Sie sei »regelrecht schockiert« gewesen von der »frappierenden Nüchternheit« des Beschlusses und der »herzlosen« Form. »Wo soll da«, fragt sie sich, »ein Gefühl der Befreiung aufkommen?« Marga Langendorf gehört zu den ersten Opfern der SED-Justiz, denen nach der Wiedervereinigung von West-Richtern bescheinigt wird, daß sie unschuldig im Gefängnis saßen. In allen fünf neuen Bundesländern haben die sogenannten Rehabilitierungssenate mittlerweile ihre Arbeit aufgenommen. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind inzwischen rund 600 Verfahren entschieden, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern verschicken diesen Monat die ersten Bescheide. Rehabilitiert und entschädigt werden sollen nach den Bestimmungen des Einigungsvertrages »alle Personen«, die »Opfer einer politisch motivierten Strafverfolgungsmaßnahme oder sonst einer rechtsstaats- und verfassungswidrigen gerichtlichen Entscheidung geworden sind«. Doch kaum ist die Rehabilitierung in der Ex-DDR angelaufen, droht sie in der Praxis auch schon zu scheitern. Die Leidtragenden der SED-Diktatur sind vom Gang der Verfahren bitter enttäuscht - nicht nur wegen der lieblosen Form der Rehabilitierung, sondern auch wegen der mehr als kärglichen finanziellen Entschädigung für das erlittene Unrecht. »Unzumutbar für die Betroffenen« sei das gegenwärtige Rehabilitierungsverfahren, klagt Wolfgang Pfister, Vorsitzender Richter am Landgericht Berlin. »Die Opfer des Stalinismus drohen erneut ins Abseits zu geraten«, befürchtet die stellvertretende SPD-Chefin Herta Däubler-Gmelin. »Schlichtweg eine Schande« findet es der Schweriner Justizminister Ulrich Born (CDU), daß »die Opfer mit schäbigen Entschädigungssätzen abgefunden werden, während Stasi-Offiziere oft stattliche Renten bekommen«. Politische Häftlinge wie Wolfgang Schönian, Berliner Bezirksvorsitzender der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS), »fühlen sich ein zweites Mal betrogen«. Selbst Bundesjustizminister Klaus Kinkel (FDP) kritisiert das Rehabilitierungsgesetz und kündigt Korrekturen an: Die geltenden Rechtsvorschriften seien »lückenhaft und ungenau«. Die Rechtsexperten sind sich einig, daß das Paragraphenwerk grundlegend reformiert werden muß, denn das Gesetz hat zahlreiche Tücken: Viele Anträge liegen noch unbearbeitet bei den Gerichten, die einzelnen Verfahren brauchen zuviel Zeit; politisch Verfolgte, die bereits in den fünfziger Jahren inhaftiert wurden, sterben, bevor die alten Urteile aufgehoben werden konnten. Bislang gibt es für Regime-Opfer, die nach der Wende rehabilitiert wurden, keine Behörde, die ihnen die gesetzlich zustehende Entschädigung auszahlt; die vorgesehenen Entschädigungssätze sind zudem, mit Beträgen zwischen 2,67 und 9 D-Mark pro Hafttag, viel zu gering. Nur wer in der DDR aus politischen Gründen verurteilt oder in eine psychiatrische Anstalt zwangseingewiesen wurde, kann rehabilitiert und entschädigt werden; Tausende von Regime-Kritikern und Widerständlern, die der Stasi-Staat auf subtilere Weise fertiggemacht hat, haben keinen Anspruch auf Wiedergutmachung (SPIEGEL 2/1991). Auch die Zwangsumgesiedelten entlang der Zonengrenze gehen leer aus. Über 60 000 Anträge auf Rehabilitierung sind inzwischen bei den Kreisgerichten in der ehemaligen DDR eingegangen, das Justizministerium in Bonn rechnet bis zum Ablauf der Meldefrist am 18. September nächsten Jahres mit 40 000 weiteren. Experten wie der Münchner Strafverteidiger Martin Amelung schätzen sogar, daß noch einmal 100 000 politisch Verfolgte bei den Ämtern vorstellig werden. Schon jetzt sind die Gerichte völlig überlastet. In Erfurt beispielsweise sitzen drei Richter vor über 3000 unerledigten Akten. Wenn alles glattläuft, haben die Juristen den Berg in zwei Jahren abgetragen, frühestens. Denn die Richter müssen nicht nur Akten studieren und ein Urteil verfertigen, sondern den Opfern häufig noch das komplizierte Rehabilitierungsrecht erläutern. Viele Antragsteller wollen sich zudem persönlich davon überzeugen, daß nicht alte Ost-Richter erneut über sie zu Gericht sitzen, und bitten um einen Gesprächstermin. Beim Nürnberger Finanzrichter Elmar Schuler, derzeit für Rehabilitierung in Erfurt zuständig, stehen jeden Tag ( beim 15minütigen Hofgang. ) mindestens zwei ehemalige politische Häftlinge in der Tür. Dann läßt Schuler die Arbeit ruhen, bietet den Besuchern einen Stuhl an und hört ihnen zu - eine oder, wenn es sein muß, auch zwei Stunden lang. »Die Leute müssen einfach mal erzählen können, was sie durchgemacht haben«, sagt der Bayer, »das ist schon das halbe Reha-Verfahren.« Das Gespräch mit ihrem Richter ist für viele SED-Opfer die einzige Gelegenheit, sich von der Seele zu reden, was ihnen vom SED-Regime angetan wurde. Mündliche Verhandlungen entfallen, um Zeit zu sparen; entschieden wird nach Aktenlage. Das fällt den West-Richtern auch nicht schwer: 80 Prozent der Urteile, die beispielsweise Jürgen Herzler im Potsdamer Kreisgericht auf den Tisch kommen, »sind glasklar Willkür, da brauche ich nur die erste Seite aufzuschlagen«. Typisch ist der Fall eines Berliners, der im April 1987 die Bearbeitung seines Ausreiseantrags bei der zuständigen Behörde durch die Drohung zu beschleunigen suchte, notfalls »zu Mitteln des zivilen Ungehorsams zu greifen«. Als sich die Sachbearbeiter interessiert erkundigten, was er denn damit meine, sagte der Mann, er sei Anhänger Mahatma Gandhis, eventuell wolle er wie dieser »in einen Hungerstreik treten«. Noch am selben Tag wurde der Antragsteller festgenommen und in Untersuchungshaft gesteckt, wenig später zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Weniger renitenten Ausreisewilligen wurde schon das Hissen eines weißen Fähnchens an der Autoantenne zum Verhängnis: Das weithin sichtbare Symbol für einen abgelehnten Ausreiseantrag ahndeten die Ost-Richter nach Paragraph 214 des Strafgesetzbuches der DDR ("Beeinträchtigung staatlicher Tätigkeit") ebenfalls mit Haftstrafen. Erschwert wird eine zügige Rehabilitierung durch den beklagenswerten Zustand der Gerichtsakten. Die Aktenzeichen wurden im Laufe der Jahre mehrfach geändert, lose Seiten sind über mehrere Ordner verstreut, viele Urteile müssen erst mühsam gesucht werden. Bei politischen Prozessen in der DDR wurden den Verurteilten Anklageschrift und Urteilstext nie ausgehändigt, häufig wissen die Justiz-Opfer nur noch den Tag ihres Prozesses und die Daten ihrer Inhaftierung. Den Geschäftsstellen der Reha-Senate bleibt nichts anderes übrig, als mögliche Fundorte abzuklappern: zunächst die Archive der Bezirksgerichte und Staatsanwaltschaften, dann die Gefangenenkarteien in einzelnen Untersuchungsgefängnissen, die Außenstelle des Bundesjustizministeriums und, wenn alles nichts hilft, die Berliner Stasi-Akten-Behörde des Regierungsbeauftragten Joachim Gauck. Bis von dort eine Anwort kommt, vergehen oft Monate. Die Staatsanwaltschaft muß laut Gesetz zu jedem Richterentscheid Stellung nehmen, was die Verfahren weiter verzögert, denn die Strafverfolger sind bereits mit den normalen Ermittlungen heillos überlastet. Für manchen Verfolgten kommt jede Rehabilitierung zu spät. Fast 70 Prozent der politischen Häftlinge der DDR sind nach Schätzungen der VOS inzwischen über 65 Jahre alt, viele durch die Haft gesundheitlich schwer geschädigt. »Unsere Leute sterben weg«, sagt der VOS-Bundesvorsitzende Richard Knöchel, »das ist das größte Problem.« Werner Fleischer beispielsweise, in den fünfziger Jahren Tontechniker in Berlin und dann wegen angeblicher »Boykotthetze« zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt, hatte gleich nach der Wende einen Rehabilitierungsantrag beim zuständigen Gericht eingereicht. Doch Fleischer, der nach der Haftentlassung zur Bewährung in ein Motorenwerk geschickt wurde, wartete vergebens auf Antwort. Im August letzten Jahres wurde er mit akutem Nierenversagen ins Krankenhaus eingeliefert, im November war er tot. Noch auf dem Sterbebett hatte der Frührentner, Jahrgang 1926, jeden Tag seine Frau nach dem Stand des Verfahrens gefragt. Viel konnte sie ihm nicht berichten, aber immerhin Urteil und Anklageschrift mitbringen, die er zuvor nie in Händen gehalten hatte. »Ich mußte ihm die Papiere auf den Nachttisch legen, so daß er sie immer sehen konnte«, sagt Christel Fleischer. »Das war für meinen Mann wie Medizin.« Regime-Geschädigten wie Fleischer geht es nicht nur und nicht in erster Linie um materielle Entschädigung. »Die meisten«, sagt Richter Herzler, »verlangen keine Riesensummen, sondern wollen endlich schwarz auf weiß bestätigt bekommen, daß sie unschuldig sind.« Briefe von Opfern beginnen nicht selten mit dem Satz: »Sehr geehrter Herr Richter, bitte stellen Sie meine Ehre wieder her.« Viele Justiz-Verfolgte verlangen eine Rehabilitierung, damit belastende Eintragungen im polizeilichen Führungszeugnis gelöscht werden. Wie wichtig das für die Karriere sein kann, erfuhr ein junger Übersiedler aus Potsdam, der im Westen Versicherungskaufmann gelernt und sich Anfang des Jahres auf eine Stelle in Stuttgart beworben hatte. Der neue Arbeitgeber forderte in Potsdam das Führungszeugnis des Bewerbers an, dort fand sich eine Eintragung nach Paragraph 214, »Beeinträchtigung staatlicher Tätigkeit«. Obwohl der Versicherungsagent beteuerte, er habe bei den Ost-Behörden nur mehrfach energisch die Genehmigung seines Ausreiseantrags verlangt, mochte ihn das Stuttgarter Unternehmen nicht mehr einstellen. Vor allem in ländlichen Gegenden der Ex-DDR oder in Kleinstädten macht erlittener Knast die Opfer der SED-Willkür noch heute oft zu Außenseitern. Die ehemaligen Häftlinge werden »schief angeguckt oder auf der Straße geschnitten«, wie Richard Knöchel bei Besuchen von VOS-Mitgliedern in den neuen fünf Bundesländern beobachtet hat. »Bei uns hat nur gesessen, wer auch was verbrochen hat«, erklärten Nachbarn dem Verbandsfunktionär, wenn er sich nach dem Grund für ihre Vorbehalte erkundigte. »Die Diskriminierung hörte nie auf«, weiß auch der Hamburger Richter Arne Schmidt, seit zwei Monaten am Kreisgericht in Schwerin, aus zahlreichen Gesprächen mit Geächteten: »Die Verurteilung war ein Makel, der an einem haftete (* Privatfoto; nach der Haftentlassung 1962. ) bis zum Tode.« Empört ist Schmidt über die geringe Höhe der Entschädigungen, die den Opfern nun nach der Wiedervereinigung angeboten werden - »diese Almosen«, findet der Richter, »sind ein Hohn«. Rehabilitierten politischen Gefangenen aus der Ex-DDR stehen als »soziale Ausgleichleistungen« lediglich die vom Häftlingshilfegesetz (HHG) vorgesehenen Beträge zu: bei bis zu zwei Jahren Knast 80 Mark je Haftmonat, vom dritten Gewahrsamsjahr an 210 und vom fünften 270 Mark. Der Höchstbetrag ist auf 20 250 Mark begrenzt. Zum Vergleich: Das westdeutsche Opfer eines Fehlurteils erhält 30 Mark pro Hafttag. Bislang können die Verfolgten des SED-Staates nicht einmal eine Behörde finden, die ihnen die gesetzlich zustehende Entschädigung auch auszahlt. Die Stiftung für ehemalige politische Häftlinge in Berlin, die aushilfsweise über die finanzielle Hilfe nach dem HHG entscheidet, besteht auf einem neuerlichen Prüfverfahren - »ein völlig sinnloser Arbeitsaufwand«, bemängelt der Berliner Reha-Richter Wolfgang Pfister: »Die Opfer müssen sich erneut in eine Warteschlange einreihen.« Gut zehn Prozent der Justiz-Opfer, die zuvor schon von den Gerichten als politische Häftlinge anerkannt wurden, fallen bei der Stiftung wieder durch. Wer beispielsweise in der DDR lange Zeit zu den überzeugten Anhängern des SED-Regimes gehörte, sich dann eines Tages eines Besseren besann, eine freche Lippe riskierte und deswegen in Haft genommen wurde, der büßt nach den Bestimmungen des HHG jeden Anspruch auf Entschädigung ein. Verfolgten-Organisationen wie die VOS fordern von Bonn, die Entschädigungsregelung für westdeutsche Opfer von Fehlurteilen auf die Leidtragenden des SED-Regimes auszudehnen und den langwierigen und »in gewisser Weise auch demütigenden« Verfahrensweg bei der Rehabilitierung abzukürzen. Die SPD-Fraktion hat im Zuge einer großen Anfrage im Bundestag vorgeschlagen, zur Deckung der Kosten einer akzeptablen Entschädigung der Opfer »das Vermögen der SED/PDS, der Blockparteien und der ehemaligen Massenorganisationen heranzuziehen«. Außerdem haben die Sozialdemokraten angeregt, bei einer Neufassung des Rehabilitierungsgesetzes die Grundgedanken eines alten Nachkriegs-Paragraphenwerkes aufzunehmen: des Bundesentschädigungsgesetzes von 1953 zur Wiedergutmachung für Nazi-Opfer. Danach hat Anspruch auf Entschädigung, wer von den Nazis wegen »politischer Gegnerschaft«, »des Glaubens oder der Weltanschauung« verfolgt worden ist und »Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen, in seinem beruflichen oder wirtschaftlichen Fortkommen erlitten hat« - eine weitgehende Regelung. Der Vorschlag hat den Vorteil, daß auch all die Regime-Kritiker, SED-Gegner und Widerständler berücksichtigt würden, die bislang leer ausgingen. Tausenden Ostdeutschen hat die SED-Diktatur das Leben schwergemacht, ohne sie ins Gefängnis zu stecken: Sie wurden von der Stasi schikaniert, an Lehre und Studium gehindert, am Arbeitsplatz getriezt, degradiert, entlassen. Diese Form des Terrors sei zwar juristisch schwer faßbar, sagt Richter Pfister, »sie konnte aber durchaus die Qualität von Inhaftierung haben«. Der Plan dürfte an der juristischen Umsetzung scheitern. »Wir können doch nicht jedem, der wegen kritischer Äußerungen geschaßt wurde, die Rückkehr in seinen alten Job garantieren«, sagt Ludwig-Wilhelm Keck, Abteilungsleiter im Bonner Justizministerium. »Da sind dem Staat bei der Wiedergutmachung einfach natürliche Grenzen gesetzt.« Keck gehört einer Arbeitsgruppe an, die vom Bonner Justizminister Kinkel eingesetzt wurde, um die »schier unübersehbare Fülle« der beruflichen Benachteiligungen zu erforschen. So soll die Abteilung die sichergestellten Stasi-Unterlagen sichten, »systematisieren« und »bewerten« und vor allem herausfinden, wie viele DDR-Bürger gegebenenfalls Anrecht auf berufliche Rehabilitierung hätten.
Für die Insassen sowjetischer Internierungslager auf dem Gebiet der DDR, in denen nach dem Krieg nicht nur Nazis und angebliche Spione, sondern auch Aktivisten demokratischer Parteien verschwanden, wird es voraussichtlich eine Sonderregelung geben: Nach Plänen von Justizminister Kinkel soll Sowjet-Opfern die gleiche Entschädigung gezahlt werden wie SED-Häftlingen. Für die juristische Aufarbeitung sowjetischer Unrechtsurteile allerdings verweist die Bundesregierung auf die völkerrechtliche Zuständigkeit der einstigen Besatzungsmacht. Wer rehabilitiert werden wolle, solle doch, bitte schön, seinen Antrag nach Moskau schicken.
Dabei war die Geheimpolizei der SED an den Internierungen maßgeblich beteiligt: Das berüchtigte Kriminalkommissariat 5, das später von der Stasi abgelöst wurde, schleppte Tausende aus ihren Wohnungen und lieferte sie den russischen Militärtribunalen aus.
Eine weitere Gruppe von Opfern des SED-Staates, die bislang keine Chance auf Rehabilitierung hatte, soll nun zumindest teilweise entschädigt werden: Rund 10 000 Familien hatte die Parteiführung nach dem Mauerbau aus dem Grenzgebiet vertrieben und als Asoziale, Schieber oder Schmuggler diskriminiert; Bonn kündigte Mitte des Monats eine »moralische Wiedergutmachung« an, eine gesetzliche Regelung für die Rückgabe von Vermögen ist geplant. Doch schon hat Justizminister Kinkel vor »unerfüllbaren Hoffnungen« gewarnt: »40 Jahre Unrecht« ließen sich »beim besten Willen nicht in einigen Monaten aufarbeiten«.
Je mehr Zeit vergeht, desto größer wird die Ungeduld der Opfer. Verbittert registrieren sie, daß alte Stasi-Offiziere Rente oder Stütze beziehen, in Wirtschaft und Verwaltung sogar in Spitzenpositionen rücken. »Für die Täter gibt es soziale Absicherungen, für die Opfer nicht«, klagt Werner Jaeger vom Bund Stalinistisch Verfolgter.
Bei manchen schlägt die Enttäuschung in Wut um. Er könne »es dem einen oder anderen nicht verdenken, wenn er sich vom Rechtsstaat im Stich gelassen fühlt« und nun auf Selbsthilfe sinne, sagt VOS-Sprecher Schönian. Von den ehemaligen Verfolgten, die der Berliner Bezirkschef jeden Dienstag in seiner Sprechstunde berät, hätten sich drei bereits den Namen ihres Richters und eine Waffe besorgt.
»Lange«, da ist sich Schönian sicher, »halten die nicht mehr ruhig.« ( Im Berliner Bezirksgericht Mitte. )
Rehabilitierte Langendorf: »Wo soll da ein Gefühl der Befreiung aufkommen?«
Strafgefangene in Bautzen (1989)*: »Die Opfer des Stalinismus drohen erneut ins Abseits zu geraten«
Reha-Richter Pfister »Völlig sinnloser Arbeitsaufwand«
SED-Opfer Fleischer* Vergebens auf Antwort gewartet
Reha-Richter Schmidt »Diese Almosen sind ein Hohn«
Ost-Justizakten*: Die Strafverfolger sind heillos überlastet
* Beim 15minütigen Hofgang.* Privatfoto; nach der Haftentlassung 1962.* Im Berliner Bezirksgericht Mitte.
Gleichviel für Widerständler und Kriminelle (aus: taz-Archiv)
■ »Vereinigung der Opfer des Stalinismus« empört über Gesetz, das die Opfer der DDR-Strafjustiz entschädigen soll/ »Lächerliche Entschädigungssummen« seien eine Banalisierung des Widerstands
Berlin. Der Vorsitzende der »Vereinigung der Opfer des Stalinismus« (VOS), Richard Knöchel, hat das von der Bundesregierung geplante »SED-Unrechtsbereinigungsgesetz« (SED-UBR) scharf kritisiert. Vor Journalisten im Haus am Checkpoint Charlie sagte er, daß das vermutlich im Sommer verabschiedete Gesetz gegen die Entschädigungspflicht des Bundes gemäß Artikel 17 im Einigungsvertrag verstößt. Statt einer »angemessenen« Entschädigung für die Opfer der DDR- Strafjustiz bis zum November 1989, seien nur »Sozialleistungen«, nämlich 300 Mark pro Haftmonat vorgesehen. Einen Zusatzbetrag in Höhe von 150 Mark sollen nur die ehemaligen Häftlinge erhalten, die bis November 1989 in der DDR blieben. Besonders Bedürftige sollen auf Antrag weitere 150 Mark bekommen. Die VOS fordert hingegen 900 Mark pro Monat, und zwar unabhängig vom Wohnsitz nach der Haft. Die unterschiedliche Entschädigungshöhe treibe einen Keil zwischen die verschiedenen Repressionsopfer oder begünstige »Verräter der Widerstandskämpfer, die aus Angst in der DDR blieben«. Der von der VOS vorgeschlagene Entschädigungsbetrag orientierte sich an den Zahlungen des Häftlingshilfegesetzes, dem Bundesentschädigungsgesetz und dem Gesetz über die Entschädigung von Strafverfolgungsmaßnahmen. Danach erhielten Opfer der NS-Justiz, aber auch von der Bundesrepublik freigekaufte politische Häftlinge eine Haftentschädigung bis zu 150 Mark pro Tag. Das UBG soll nun diese alten bundesrepublikanischen Regelungen ersetzen. Die geplanten »lächerlichen Entschädigungssummen« seien eine Banalisierung des Widerstandes gegen die kommunistische Gewaltherrschaft, sagte Knöchel. Besonders erbittert sind die in der VOS organisierten Opferverbände darüber, daß in der Gesetzesvorlage kein Unterschied zwischen den politischen und den zu hart bestraften kriminellen Häftlingen gemacht wird. »Es ist eine Verhöhnung der Repressionsopfer, daß wir mit Kriminellen, die uns in den Zuchthäusern bespitzelt und drangsaliert haben, in einen Topf geworfen werden«, sagte Knöchel. Unterstützung findet die VOS derzeit nur bei der Fraktion Bündnis 90/Grüne. Die Regierungsparteien erwecken den Anschein, sagte Knöchel, »daß ihnen mehr an einer Aussöhnung mit den Tätern als mit den Opfern gelegen sei.« Schon der Name des Gesetzes, SED-UBR, sei eine »Art Persilschein für die Blockparteien«. Im Gesetz berücksichtigt werden auch nicht die Menschen, die aus politischen Gründen mit einem »Arbeitseinstellungsboykott« bestraft wurden und deshalb allen Besitz verkaufen mußten, um überhaupt überleben zu können. Die VOS fordert deshalb eine »Stiftung für Repressionsopfer«. Am 17. Februar findet ab 10 Uhr vor der Gethsemanekirche eine Mahnwache gegen das UBR statt. AKU